EASA-Kompatibilität von LFZ mit höherem Codebuchstaben

Die Auslegung, Zertifizierung und Genehmigung von Flugplätzen erfolgt u. a. anhand des Flugplatzbezugscodes (Aerodrome Reference Code, ARC), der aus folgenden Elementen besteht:

  • Codezahl 1 bis 4 in Abhängigkeit der Bezugsstartbahnlänge und
  • Codebuchstabe A bis F in Abhängigkeit der Tragflächenspannweite.

Insbesondere die infrastrukturelle Auslegung der Flugbetriebsflächen (bspw. SLB-/TWY-Breite, Tragfähigkeiten, Mindestabstände etc.) gemäß EASA-Richtlinie CS-ADR-DSN basiert auf dem ARC. Sofern Flugplatzbetreiber den Betrieb von Luftfahrzeugen (LFZ) mit höherem Codebuchstaben (sog. Higher Code Letter Aircraft, HCLA) als gemäß Zertifizierungsgrundlage ausgewiesen beabsichtigen, ist die vorherige Zustimmung durch die zuständige Genehmigungsbehörde gemäß EU/EASA ADR.OPS.B.090 Use of the aerodrome by higher code letter aircraft erforderlich. Grundlage dieser Genehmigung ist die Durchführung einer Konformitätsprüfung und anschließenden Sicherheitsbewertung, um nachzuweisen, dass die vorliegende Flugplatzinfrastruktur sowie die Organisations- und Betriebsstrukturen den sicheren Flugbetrieb von HCLA gestatten (bspw. Betrieb von Code-F-LFZ auf einem Flugplatz mit Bezugscode 4C).

Die durch GfL durchgeführten Konformitätsprüfungen umfassen im Wesentlichen folgende Prozessschritte:

 

Bestandsanalyse:

  • Erfassung allgemeiner flugbetrieblicher Informationen (bspw. vorhandene Flugbetriebsflächen, Befeuerungen und Anflugverfahren sowie Flugbewegungszahlen und Verkehrszusammensetzung)
  • Analyse von Betriebsverfahren und -absprachen (bspw. Rollführungskonzept, Sonderverfahren, bereits implementierte HCLA-Verfahren etc.)
  • Analyse der Hindernissituation insb. in den Streifen von SLB und TWY
  • Festlegung von HCLA‑Referenzluftfahrzeugen und Aufbereitung deren relevanter Eigenschaften (bspw. Spannweite, Länge/Höhe, Triebwerksposition, Lastwirkungsklassifikationszahl (sog. Aircraft Classification Number, ACN) etc.) auf Basis von LFZ-Herstellerinformationen

Konformitätsanalyse:

  • Durchführung als Soll-Ist-Vergleich: Istzustand am jeweiligen Flugplatz vs. Sollzustand gemäß EASA CS-ADR-DSN in Form von Prüfkriterien der Hauptkategorien Start- und Landebahn, Rollbahnen, Vorfelder und Hindernisfreiflächen
  • Ermittlung des Istzustands erfolgt hauptsächlich auf Dokumentenbasis (bspw. CAD-Plandarstellungen der Flugbetriebsflächen) gemäß Bestandsanalyse
  • Bewertung erfolgt in Form des sog. Prüfstatus (konform, nonkonform, offen bzw. nicht anwendbar)
  • Soll-Ist-Vergleich liefert eine detaillierte Zustandsbeschreibung der Flughafenanlage und damit einhergehender Richtlinienanforderungen für die jeweiligen Prüfkriterien in Bezug auf jedes festgelegte Referenzluftfahrzeug
  • Dokumentation sämtlicher Prüfschritte und -ergebnisse in Excel-Prüfliste, die an die individuellen Bedürfnisse des Flugplatzbetreibers/Auftraggebers anpassbar ist

Für nonkonform bewertete Kombinationen von Prüfkriterium und Referenzluftfahrzeug erfolgt zunächst eine Prüfung, ob die bisherig vorgehaltenen HCLA-Verfahren am jeweiligen Flugplatz ausreichend sind, um sicheren Flugbetrieb zu gewährleisten. Sofern diese als unzureichend bewertet werden, werden nachfolgende Untersuchungsschritte durchgeführt:

Risikoanalyse/-bewertung:

  • Risikobewertung erfolgt in Anlehnung an die Safety Assessment Methodology (SAM) der EUROCONTROL sowie entlang den Hinweisen gemäß „Rahmenhandbuch Luftfahrtverwaltung“ des BMVI
  • Berücksichtigung der Vorgaben, Empfehlungen und Untersuchungsergebnisse gemäß:
    • ICAO Cir 305: Operation of New Larger Aeroplanes at Existing Aerodromes
    • ICAO Aerodrome Design Manual (ADM) Doc 9157
    • Airport Compatibility Group der LFZ-Hersteller Boeing (BACG, hier insb. B748) und Airbus (AACG, hier insb. A388)
  • Hauptsächliche Anwendung qualitativer Analyse-/Bewertungsverfahren (insb. Vergleichs- und Geometrieanalysen der Referenzluftfahrzeuge) auf Basis spezifischer flugbetrieblicher und flugleistungsspezifischer Zusammenhänge, analytischer Berechnungen sowie allgemeiner mathematisch‑physikalische Wirkprinzipien

Bei festgestellten Infrastrukturabweichungen der Flugbetriebsflächen sind Risikominderungsmaßnahmen, Betriebsverfahren oder Betriebseinschränkungen umzusetzen, um ein ausreichendes Sicherheitsniveau zu erreichen. Die abschließend festzulegenden Maßnahmen können bspw. Folgendes umfassen:

Betriebliche Risikominderungsmaßnahmen:

  • Anpassung des Rollführungskonzeptes,
  • Einsatz von Leit-/Follow-Me-Fahrzeugen und/oder Wingwalkern bei HCLA-Betrieb,
  • Sperrung spezifischer Flugbetriebsflächen oder Bereiche bei HCLA-Betrieb etc.

Infrastrukturelle Risikominderungsmaßnahmen:

  • Entfernung von Hindernissen,
  • Nachrüstung/Verbreiterung von SLB-/TWY-Schultern,
  • Anpassung von Markierungen auf den Flugbetriebsflächen etc.

Im Endergebnis liefern die nach o. g. Methodik durchgeführten Konformitäts- und Risikoanalysen eine umfassende Bewertung des HCLA-Betriebes an Flugplätzen und sind Grundlage der Erstellung entsprechender Antragsunterlagen zur Vorlage bei der zuständigen Genehmigungsbehörde.